AKUPUNKTUR

© Mag. Enrico GabrielBedeutung der Akupunktur:

Was hat die Akupunktur in unserer modernen westlichen Medizin, die gerade in den letzten Jahrzehnten ungeheure Erfolge erzielen konnte und trotzdem immer mehr kritisiert wird, zu suchen?

1. Die Akupunktur hat ihre Heilerfolge nicht nur in der Vergangenheit, sondern auch gerade in den letzten Jahrezehnten, sowohl in ihrer therapeutischen Form, als auch zur Erzielung von Hypalgesie bei mannig-faltigen Operationen an Menschen und Tieren aufzuweisen. Akupunktur ist weltweit eine der am meisten verbreiteten Heilmethoden.

2. Bei entsprechender Kenntnis ihres Einsatzes zählt sie zu den risikoärmsten therapeutischen Massnahmen, wobei sie häufig imstande ist, hochwirksame, aber mit entsprechenden toxischen Nebenwirkungen belastete Medikamente zumindest teilweise zu ersetzen.

3. Als Teil einer Ganzheitsmedizin vermag sie den modernen Forderungen nach einer multifaktoriellen Betrachtungsweise jeglicher Erkrankung nachzukommen. So verwirklicht sie auch die Ansprüche, die z.B. bei der Behandlung psychosomatischer Krankheitsbilder gestellt werden müssen.

4. Sie ist, und dies wird viel zu wenig herausgestellt, unabhängig von der Intelligenz des Patienten (siehe ihre Erfolge in der Veterinärmedizin)

5. Sie erfordert ausser Wissen und erlernbarer Geschicklichkeit nur einen geringen materiellen Aufwand.

6. Die Akupunktur ist ausserdem mit beinahe jeder anderen Therapie kombinierbar. Dies bedeutet, dass sie im Rahmen unserer modernen Therapie zum Wohle der Patienten ihren adäquaten Platz haben muss.

Denn: Die Akupunktur war nie eine Monotherapie, sondern immer nur ein Teil der fernöstlichen Medizin.
Es darf natürlich nur akupunktiert werden, wenn die Diagnose einwandfrei feststeht und eine Indikation vorliegt.

Entwicklung der klassischen chinesischen Akupunktur, sogenannte Körperakupunktur:

Es ist allgemein bekannt, dass sich die Körperakupunktur einige tausend Jahre zurückverfolgen lässt, wobei sich in jüngster Zeit durch Ausgrabungen sogar noch neue Erkenntnisse gewinnen ließen. Man fand in einem Sarg des Prinzen Ching von Chungsan, der im 2. Jh. v. Chr. beerdigt wurde, Gold- und Silberakupunktur-nadeln, die Goldnadeln waren noch einwandfrei erhalten, die Silbernadeln dagegen waren stark korrodiert.

In der VR China ist an allen Universitäten und Ausbildungsstätten Akupunktur für alle Medizinstudenten Pflichtfach. Auch in den Schulen wird Akupunktur gelehrt, die Schüler stechen sich gegenseitig. Die gerichtete Massage der Akupunkturpunkte, die sogenannte Akupressur, ist in China weitverbreitet und wird in Schulen gelehrt.

Durch das Vordringen anderer Akupunkturverfahren (Ohr- und Schädelakupunktur) hat sich das Akupunkturrepertoire der Ärzte stark verbreitet. Einige Indikationen sind neu für die Akupunktur dazugekommen.

Eine Weiterentwicklung der Körperakupunktur durch Neuentdeck-ungen hat es offensichtlich in der VR China in den letzten Jahren nur in gewissem Umfang gegeben. Durch die Erfolge der Akupunkt-uranalgesie angespornt, bei der man ja die Anzahl der Nadeln zur Erreichung der Schmerzunterdrückung in der letzten Zeit immer mehr reduziert hat, kann man vielleicht diesen analogen Entwick-lungstrend in der VR China auch in der klassischen Körperaku-punktur entdecken. Auch sogenannte "verbotene Punkte" sind meistens in Eigenversuchen erforscht worden und werden nun bei speziellen Indikationen doch angewendet. Einzelheiten der Geschichte der Akupunktur findet der interessierte Leser in der Spezialliteratur, z.B. The Story of Chinese Acupuncture and Moxibustion von Fu Wei-kang, Peking 1975.

Kontrollierte Ohrakupunktur - Der Leriche - Nogier - Reflex im Jahre 1945 hat Professor René Leriche in seinem Werk "Pathologie et Chirgurgie des Artères" eine ausserordentlich interessante Beob-achtung wiedergegeben, über einen Kranken, bei dem er ein arteriovenöses Aneurysma im Bereich des Adduktorenkanals bei einem 39-jährigen Mann opreiert hat. Er schreibt: "Am 14. August 1941 entdeckte ich das Aneurysma, ich trennte die Arterie von der Vene; beide Gefäße wurden seitlich durch Gefäßnaht verschlossen. Der Krankheitsverlauf war weiter unauffällig.

Am 3. Tag als ich den Verband abnahm, begann die Femoral-isarterie sehr stark zu pulsieren. Es war nicht notwendig, dass mich der Kranke darauf aufmerksam machte, denn man konnte es durch den restlichen Verband hindurch sogar deutlich erkennen. ich ließ die Arterie zur Ruhe kommen, aber sowie ich die Haut stimulierte, finden die arteriellen Pulastionen wieder an, die der Patient als unangenehm empfand. Auch die nächsten TAgen verhielt sich das Geschehen gleich. Solange man nicht die Haut berührte, waren die arteriellen Pulsationen normal und der Patient bemerkte sie nicht besonders. Sowie man aber die Hautstelle berührte wurden die Pulsationen stärker und auch schneller und der Patient spürte jeden Schlag deutlich.

Im Oktober wurde nach einem Monat Erholung der Patient wieder untersucht. Er erzählte mir, dass er das geschilderte Phänomen weiterhin beobachtet hatte. Ich konnte mich sofort davon überzegen. Weiter berichtete mir der Patient, dass auch anderweitige sympathische Erregungen Auswirkungen auf diese eine Arterie hatten."

1968 entdeckte Dr. Nogier einen Reflex, der offensichtlich mit dem von Leriche gefundenen Phänomen verwandt war. Er nannte ihn Reflex Auriculocardiaque (RAC). Onwohl wir heute wissen, dass es sich um einen symphatischen Hautreflex handelt, also der von Nogier gegebene Name nicht zutrifft, verwenden wir weiterhin gerne die Abkürzung RAC.

Die Entdeckung des RAC geschah zufällig bei einer Patientin mit einer rechten Hüftarthrose. Nogier tastete den Puls an der üblichen Pulstaststelle über der A. radialis und ließ gleichzeitig die Patientin ihr rechtes Bein bewegen. Als er dann die Ohrmuschel berührte änderte sich der Puls im Sinne eines negativen RAC, wie wir heute sagen würden. Je nachdem, wie er das Ohr stimulierte, konnte Nogier positive oder negative RACs auslösen. Dabei beobachtete er diese Phänomene kurzzeitig für ein bis zwei Pulsschläge, sogenannte RAC-Rebounds oder auch in anderen Fällen über eine grössere Abfolge von Pulsschlägen.

Diese vaskulären Reaktionen auf physikalisch - photosensible Hautstimulation wurde 1978 von Nogier und Bricot in dem Sinn objektiviert, als sie mittels Dopplergerät, Plethysmographen und elektro-mechanischem Kristall-Transduktor gemessen und dargestellt werden konnten.

Die kontrollierte Ohrakupunktur macht sich unter anderem das Auftreten von RACs bei der Suche nach aktiven Punkten zu Nutze. Der Vorteil dieses Verfahrens liegt in einer maximalen Einsparung an Nadeln, da nur absolut positive (pathologisch aktive) Punkte gestochen werden.

Vor allem in der Therapie der Allergiesymptomatik wird durch die Verwendung sogenannter Dauernadeln eine nachhaltige Linderung der meist saisonal auftretenden Probleme erzielt.

Dr. Tassilo Trubrig, Österreichisches Akupunkturarztdiplom






Reisemedizinische Fachbegriffe