AKUPUNKTUR
Bedeutung
der Akupunktur:
Was hat die Akupunktur in unserer modernen westlichen Medizin, die gerade
in den letzten Jahrzehnten ungeheure Erfolge erzielen konnte und trotzdem
immer mehr kritisiert wird, zu suchen?
1. Die Akupunktur hat ihre Heilerfolge nicht nur in der
Vergangenheit, sondern auch gerade in den letzten Jahrezehnten, sowohl
in ihrer therapeutischen Form, als auch zur Erzielung von Hypalgesie bei
mannig-faltigen Operationen an Menschen und Tieren aufzuweisen. Akupunktur
ist weltweit eine der am meisten verbreiteten Heilmethoden.
2. Bei entsprechender Kenntnis ihres Einsatzes zählt
sie zu den risikoärmsten therapeutischen Massnahmen, wobei sie häufig
imstande ist, hochwirksame, aber mit entsprechenden toxischen Nebenwirkungen
belastete Medikamente zumindest teilweise zu ersetzen.
3. Als Teil einer Ganzheitsmedizin vermag sie den modernen
Forderungen nach einer multifaktoriellen Betrachtungsweise jeglicher Erkrankung
nachzukommen. So verwirklicht sie auch die Ansprüche, die z.B. bei
der Behandlung psychosomatischer Krankheitsbilder gestellt werden müssen.
4. Sie ist, und dies wird viel zu wenig herausgestellt,
unabhängig von der Intelligenz des Patienten (siehe ihre Erfolge
in der Veterinärmedizin)
5. Sie erfordert ausser Wissen und erlernbarer Geschicklichkeit
nur einen geringen materiellen Aufwand.
6. Die Akupunktur ist ausserdem mit beinahe jeder anderen
Therapie kombinierbar. Dies bedeutet, dass sie im Rahmen unserer modernen
Therapie zum Wohle der Patienten ihren adäquaten Platz haben muss.
Denn: Die Akupunktur war nie eine Monotherapie, sondern
immer nur ein Teil der fernöstlichen Medizin.
Es darf natürlich nur akupunktiert werden, wenn die Diagnose einwandfrei
feststeht und eine Indikation vorliegt.
Entwicklung der klassischen chinesischen Akupunktur, sogenannte
Körperakupunktur:
Es ist allgemein bekannt, dass sich die Körperakupunktur einige
tausend Jahre zurückverfolgen lässt, wobei sich in jüngster
Zeit durch Ausgrabungen sogar noch neue Erkenntnisse gewinnen ließen.
Man fand in einem Sarg des Prinzen Ching von Chungsan, der im 2. Jh. v.
Chr. beerdigt wurde, Gold- und Silberakupunktur-nadeln, die Goldnadeln
waren noch einwandfrei erhalten, die Silbernadeln dagegen waren stark
korrodiert.
In der VR China ist an allen Universitäten und Ausbildungsstätten
Akupunktur für alle Medizinstudenten Pflichtfach. Auch in den Schulen
wird Akupunktur gelehrt, die Schüler stechen sich gegenseitig. Die
gerichtete Massage der Akupunkturpunkte, die sogenannte Akupressur, ist
in China weitverbreitet und wird in Schulen gelehrt.
Durch das Vordringen anderer Akupunkturverfahren (Ohr- und Schädelakupunktur)
hat sich das Akupunkturrepertoire der Ärzte stark verbreitet. Einige
Indikationen sind neu für die Akupunktur dazugekommen.
Eine Weiterentwicklung der Körperakupunktur durch Neuentdeck-ungen
hat es offensichtlich in der VR China in den letzten Jahren nur in gewissem
Umfang gegeben. Durch die Erfolge der Akupunkt-uranalgesie angespornt,
bei der man ja die Anzahl der Nadeln zur Erreichung der Schmerzunterdrückung
in der letzten Zeit immer mehr reduziert hat, kann man vielleicht diesen
analogen Entwick-lungstrend in der VR China auch in der klassischen Körperaku-punktur
entdecken. Auch sogenannte "verbotene Punkte" sind meistens
in Eigenversuchen erforscht worden und werden nun bei speziellen Indikationen
doch angewendet. Einzelheiten der Geschichte der Akupunktur findet der
interessierte Leser in der Spezialliteratur, z.B. The Story of Chinese
Acupuncture and Moxibustion von Fu Wei-kang, Peking 1975.
Kontrollierte Ohrakupunktur - Der Leriche - Nogier - Reflex im Jahre
1945 hat Professor René Leriche in seinem Werk "Pathologie
et Chirgurgie des Artères" eine ausserordentlich interessante
Beob-achtung wiedergegeben, über einen Kranken, bei dem er ein arteriovenöses
Aneurysma im Bereich des Adduktorenkanals bei einem 39-jährigen
Mann opreiert hat. Er schreibt: "Am 14. August 1941 entdeckte ich
das Aneurysma, ich trennte die Arterie von der Vene; beide Gefäße
wurden seitlich durch Gefäßnaht verschlossen. Der Krankheitsverlauf
war weiter unauffällig.
Am 3. Tag als ich den Verband abnahm, begann die Femoral-isarterie sehr
stark zu pulsieren. Es war nicht notwendig, dass mich der Kranke darauf
aufmerksam machte, denn man konnte es durch den restlichen Verband hindurch
sogar deutlich erkennen. ich ließ die Arterie zur Ruhe kommen,
aber sowie ich die Haut stimulierte, finden die arteriellen Pulastionen
wieder an, die der Patient als unangenehm empfand. Auch die nächsten
TAgen verhielt sich das Geschehen gleich. Solange man nicht die Haut
berührte, waren die arteriellen Pulsationen normal und der Patient
bemerkte sie nicht besonders. Sowie man aber die Hautstelle berührte
wurden die Pulsationen stärker und auch schneller und der Patient
spürte jeden Schlag deutlich.
Im Oktober wurde nach einem Monat Erholung der Patient wieder untersucht.
Er erzählte mir, dass er das geschilderte Phänomen weiterhin
beobachtet hatte. Ich konnte mich sofort davon überzegen. Weiter
berichtete mir der Patient, dass auch anderweitige sympathische Erregungen
Auswirkungen auf diese eine Arterie hatten."
1968 entdeckte Dr. Nogier einen Reflex, der offensichtlich mit dem von
Leriche gefundenen Phänomen verwandt war. Er nannte ihn Reflex Auriculocardiaque
(RAC). Onwohl wir heute wissen, dass es sich um einen symphatischen Hautreflex
handelt, also der von Nogier gegebene Name nicht zutrifft, verwenden
wir weiterhin gerne die Abkürzung RAC.
Die Entdeckung des RAC geschah zufällig bei einer Patientin mit
einer rechten Hüftarthrose. Nogier tastete den Puls an der üblichen
Pulstaststelle über der A. radialis und ließ gleichzeitig
die Patientin ihr rechtes Bein bewegen. Als er dann die Ohrmuschel berührte änderte
sich der Puls im Sinne eines negativen RAC, wie wir heute sagen würden.
Je nachdem, wie er das Ohr stimulierte, konnte Nogier positive oder negative
RACs auslösen. Dabei beobachtete er diese Phänomene kurzzeitig
für ein bis zwei Pulsschläge, sogenannte RAC-Rebounds oder
auch in anderen Fällen über eine grössere Abfolge von
Pulsschlägen.
Diese vaskulären Reaktionen auf physikalisch - photosensible Hautstimulation
wurde 1978 von Nogier und Bricot in dem Sinn objektiviert, als sie mittels
Dopplergerät, Plethysmographen und elektro-mechanischem Kristall-Transduktor
gemessen und dargestellt werden konnten.
Die kontrollierte Ohrakupunktur macht sich unter anderem das Auftreten
von RACs bei der Suche nach aktiven Punkten zu Nutze. Der Vorteil dieses
Verfahrens liegt in einer maximalen Einsparung an Nadeln, da nur absolut
positive (pathologisch aktive) Punkte gestochen werden.
Vor allem in der Therapie der Allergiesymptomatik wird durch die Verwendung
sogenannter Dauernadeln eine nachhaltige Linderung der meist saisonal
auftretenden Probleme erzielt.
Dr. Tassilo Trubrig, Österreichisches Akupunkturarztdiplom
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