FLIEGERÄRZTLICHE UNTERSUCHUNG
Dr.
Schlosser ist fliegerärztlicher Sachverständiger und Mitglied
der österreichischen Flugakademie (Ernennungsdekret Austro Control).
Derzeit wird die fliegerärztliche Untersuchung bei uns für die
Klasse II nach den Richtlinien der österreichi-schen ZLFPV durchgeführt
und umfas-st die Untersuchung von Flugschülern, Segelfliegern, Motorseglern,
Paraglei-tern, Hängegleitern, Fallschrimsprin-gern, Hubschrauberpiloten,
Ballon-fahrern und Privatpiloten (PPL). Nach Einführung der JAR-FCL-3-Med
durch den Gesetzgeber wird die Untersu-chung speziell für Privatpiloten
europaweit vereinheitlicht nach
diesen Richtlinien durchgeführt.
Die Untersuchung erfolgt nach vorgegebenen Richtlinien, Grundlage ist
ein adaptierter Basischeck mit der Möglichkeit einer erweiterten
Vorsorgeuntersuchung (auf persönlichen Wunsch). Bestandteile der
Untersuchung sind ein EKG (Ruhe, während und nach Belastung), eine
Spirometrie (graphische Aufarbeitung) bzw. eine Ergometrie (standardisierter
Submaximaltest).
Um minimale Wartezeiten garantieren zu können ist eine telefo-nische
Terminvereinbarung verpflichtend, alle fachärztlichen Befunde der
letzten 2 Jahre sind mitzubringen. Unbedingt notwendig ist auch ein Augenarztbefund
bei Fehlsichtigkeit (Dioptrienanzahl, Brillenverordnung, Kontaktlinsenverträglichkeit,
etc).
Die Tauglichkeitskriterien für Privatpiloten entsprechen nach den
meisten Kriterien denen für Führerscheinwerber. Nur bei Berufs-piloten
müssen, um den höheren Anforderungen gerecht zu werden, strengere
Maßstäbe angelegt werden.
Untauglichkeit besteht in jedem Fall für Klasse 1 &
2 bei/nach:
- Angina pectoris
- Hypertonie über 160/95
- extremer Fettsucht
- Epilepsie unklaren Anfällen von Bewusstseinsverlust
- psychotischen Erkrankungen (Schizophrenie, schwere Depression)
- schweren Persönlichkeitsstörungen
- insulinpflichtigem Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit)
- Alkoholismus
- Suchterkrankungen
- Blutgerinnungsstörungen (angeboren oder medikamentös)
Folgende Beeinträchtigungen der einzelnen Organsysteme ziehen zumindest
Einschränkungen der Tauglichkeit nach sich:
Herz/Kreislaufsystem:
Blutdruck: Klasse 1 und 2: untauglich, wenn behandelt oder unbehandelt
dauernd über 160/95
Koronare Herzerkrankung:
- Klasse 1 und 2: Angina pectoris: untauglich
- nach Herzinfarkt: untauglich, unter gewissen Voraussetzungen kann
durch die Behörde Tauglichkeit festgestellt werden
- Bypass-OP oder PTCA: untauglich, unter gewissen Voraus-setzungen kann
frühestens nach 9 Monaten durch die Behörde Tauglichkeit festgestellt
werden
Rhythmus- und Überleitungsstörungen:
- Klasse 1 und 2: signifikante anfallsweise oder permanente Vorhof-Rhythmusstörungen,
Prä-Exzitation
- Herzschrittmacher: untauglich, ev. Freigabe nach fachkardiologischer
Beurteilung
- angeborene Herzfehler vor und nach OP
- Herzklappenoperationen: Klasse 1 und 2: untauglich, ev. Freigabe durch
die Behörde bei nur geringen Veränderungen bzw. in günstigen
Fällen nach fachkardiologischer Beurteilung
Lunge und Atmung:
Klasse 1 und 2: untauglich bei chron. obstruktiven Lungener-krankungen,
Sarkoidose, eventuell tauglich bei behandeltem Asthma bronchiale, nach
Spontanpneumothorax, 3 Monate nach Thorax-OP nach Beurteilung durch Behörde
Magen-Darm-Trakt:
Klasse 1 und 2: bei oder nach Magenerkrankungen, Gallensteinen, Pankreatitis,
Darmerkrankungen, Brüchen, operativen Eingriffen muss die Tauglichkeit
individuell festgestellt werden. Jedenfalls darf keine Störung vorliegen,
die die sichere Ausübung der mit der Lizenz verbundenen Rechte gefährden
könnte.
Stoffwechsel, Ernährung, innere Sekretion:
Klasse 1 und 2: untauglich bei insulinpflichtigem Diabetes mellitus,
extremer Fettsucht. Jedenfalls darf keine Störung vorliegen, die
die sichere Ausübung der mit der Lizenz verbundenen Rechte gefährden
könnte.
Blut und Blutbildung:
Sichelzellanämie, signifikante Lymphknotenvergrösserungen,
Leukämie, deutliche Milzvergrösserung, signifikante Polyzythämie,
Blutgerinnungsstörungen: Klasse 1 und 2: Untauglichkeit, unter gewissen
Voraussetzungen eventuell tauglich. Jedenfalls darf keine Störung
vorliegen, die die sichere Ausübung der mit der Lizenz verbundenen
Rechte gefährden könnte.
Niere und Harntrakt:
organische Nierenerkrankungen, Steinbildung, Erkrankungs- oder OP-Folgen,
die Handlungsunfähigkeit bewirken könnten, 3 Monate nach chir.
Eingriffen: Klasse 1 und 2: Untauglichkeit, unter gewissen Voraussetzungen
eventuell tauglich. Jedenfalls darf keine Störung vorliegen, die
die sichere Ausübung der mit der Lizenz verbundenen Rechte gefährden
könnte.
Geschlechts- und andere Infektionserkrankungen:
Klasse 1 und 2: Es dürfen weder in der Krankheitsgeschichte noch
aktuell Erkrankungen vorliegen, die die sichere Ausübung der mit
der Lizenz verbundenen Rechte gefährden könnten. Insbesonders
ist auf Vorgeschichte oder Verdachtsdiagnose folgender Erkran-kungen zu
achten: positiver HIV-Test, Beeinträchtigung des Immunsystems, infektiöse
Hepatitis, Syphilis
Gynäkologie und Geburtshilfe:
- schwere therapieresistente Menstruationsstörungen, 3 Monate nach
grösseren gynäkologischen Operationen: Klasse 1 und 2: Untauglichkeit.
- Schwangerschaft: Klasse 1 und 2: Untauglichkeit; bei Bestätigung
eines normalem Verlaufes Tauglichkeit bis zum Ende der 26. Woche
Bewegungsapparat:
Klasse 1 und 2: Untauglichkeit besteht bei nicht genügender Sitz-höhe,
ausreichender Länge von Armen und Beinen, erforderlicher Muskelkraft,
signifikanten Erkrankungs- oder Verletzungsfolgen sowie angeborenen Veränderungen
an Knochen, Gelenken, Muskeln oder Sehnen, die die sichere Ausübung
der mit der Lizenz verbundenen Rechte gefährden könnten.
Psychiatrische Erkrankungen:
Klasse 1 und 2: Untauglichkeit besteht bei in der Vorgeschichte oder
aktuell bestehenden akuten oder chronischen Erkrankungen, Behinderungen
oder Normabweichungen, welche die sichere Ausübung der mit der Lizenz
verbundenen Rechte gefährden könnten, insbesondere ist auf folgende
Diagnosen besonders zu achten:
- psychotische Symptome
- affektive Störungen
- schwere Persönlichkeitsstörungen, die zu offensichtlichen
Rechtsverletzungen geführt haben
- sonstige psychische Störungen und Neurosen
- Alkoholismus
- Einnahme oder Missbrauch von Medikamenten oder anderen Substanzen
mit oder ohne Abhängigkeit
Neurologische Erkrankungen:
Klasse 1 und 2: Untauglichkeit besteht bei in der Vorgeschichte oder
aktuell bestehenden neurologischen Besonderheiten, welche die sichere
Ausübung der mit der Lizenz verbundenen Rechte gefährden könnten,
insbesondere ist auf folgende Diagnosen besonders zu achten: progressive
Erkrankungen des Nervensys-tems, Epilepsie und andere anfallsartige Störungen,
Erkrankungen mit hoher Neigung zu Hirnfunktionsstörungen, Störungen
oder Verlust des Bewusstseins, Schädel/Hirntrauma.
Sehorgan - Sehvermögen:
Klasse 1: unkorrigiert oder korrigiert jedes Auge für sich Visus
mindestens 0,7, bei beidäugigem Sehen 1,0; bei der Erstunter-suchung
nicht mehr als +/- 3 Dioptrien, bei Verlängerungsunter-suchung, wenn
stabil, +3/-5 Dioptrien; Astigmatismus nicht mehr als 2 Dioptrien, Unterschied
zwischen beiden Augen nicht mehr als 2 Dioptrien.
Klasse 2 unkorrigiert oder korrigiert jedes Auge für sich Visus
mindestens 0,5, bei beidäugigem Sehen 1,0; wenn bei der Erstuntersuchung
mehr als +/- 5 Dioptrien ist eine umfassende augenfachärztliche Untersuchung
notwendig; Astigmatismus nicht mehr als 3 Dioptrien, Unterschied zwischen
beiden Augen nicht mehr als 3 Dioptrien.
Klasse 1 und 2: Alterssichtigkeit und ev. sonstige Störungen des
Sehvermögens müssen durch eine einzige entsprechende Brille
korrigiert sein, weiters dürfen nicht vorliegen: signifikante Beeinträchtigungen
des Binokularsehens, Doppelbilder, nicht ausreichende Konvergenz, beeinträchtigtes
Gesichtsfeld.
Farbensehen:
Klasse 1 und 2: Untauglichkeit besteht bei nicht normalem Farb-tafeltest
oder Anomaloskopuntersuchung oder bei nicht farbsich-erem Sehen gemäss
Untersuchungen mit zusätzlichen Methoden (Anomaloskop). Klasse 2:
nicht farbsichere Bewerber können für Flüge innerhalb der
JAA-Mitgliedstaaten, nach Sichtflugregeln und bei Tag als tauglich eingestuft
werden.
Hals, Nase, Ohren:
Klasse 1 und 2: Untauglichkeit besteht bei aktiven, akuten oder chronischen
Affektionen im Innen- oder Mittelohr, nicht verheilten Perforationen oder
Fehlfunktion des Trommelfelles, vestibulären (Gleichgewichts), Funktionsstörungen,
signifikanten Behinderungen der Nasenatmung auf jeder Seite oder Funktionsstörungen
der Nasennebenhöhlen, deutlichen Missbildungen, signifikante akute
oder chron. Infektionen der Mundhöhle oder oberen Luftwege, deutliche
Stimm- oder Sprachstörungen.
Hörvermögen:
- Klasse 1 und 2: Umgangssprache muss vom Bewerber mit jedem Ohr einzeln
und mit dem Rücken zum Untersucher aus 2 m einwandfrei verstanden
werden
- Schwerhörige Bewerber können als tauglich eingestuft werden,
wenn die Sprachaudiometrie ein zufriedenstellendes Hörvermögen
ergibt.
Psychologische Begutachtung:
Klasse 1 und 2: Bewerber dürfen keine psychologischen Mängel,
welche die sichere Ausübung der mit der Lizenz verbundenen Rechte
gefährden könnten, bei entsprechender Indikation ist eine psychologische
Begutachtung bei einem von der Behörde anerkannten Fachmann einzuleiten.
Hautkrankheiten:
Klasse 1 und 2: Bewerber dürfen keine Hautkrankheiten aufweisen,
welche die sichere Ausübung der mit der Lizenz verbundenen Rechte
gefährden könnten, insbesondere ist auf folgende Diagnosen
besonders zu achten:
- Ekzem
- schwere Psoriasis
- bakterielle Infektionen
- Arzneimittelexantheme
- bullöse Dermatosen
- bösartige Erkrankungen der Haut
- Urticaria
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