INFOS FÜR TAUCHER

Dekompressionserkrankung

Für die Dekompressionserkrankung - oder auch nur Deko-Erkrankung genannt - existieren mehrere synonym verwendete Begriffe wie Caisson-Krankheit, Taucher-krankheit oder Bläschenkrankheit bzw. anglo-amerikanisch "Decompression illness" (DCI). Dabei handelt es sich um klinische Symptome, die auf Grund von zu rascher Druckentlastung entstandener Stickstoff-blasen im Körper auftreten. Neben der alten Klassifikation (DCS I und II, AGE) existiert seit 1993 auch eine präzisere, neue Einteilung, die aber noch nicht allzu verbreitet ist. Die Deko-Erkrankung gehört zu den häufigsten Taucherer-krankungen. In in den USA werden ca. 1000 Fälle pro Jahr und in Europa etwa um die 50 gemeldet. Ihre Tendenz ist leicht rückläufig. Das Risiko einer Deko-Erkrankung ist also, bei entsprechender Vermeidung von Risikofaktoren und einem sicherheitsbewussten Tauchstil, gering. Um so mehr ist adäquates Handeln und Behandeln gefragt, wenn es trotzdem einmal zu einem Deko-Unfall kommt. Hier werden noch - leider mitunter auch von Tauchlehrern - Symptome nicht selten bagatellisiert oder nicht erkannt.

Die pathophysiologischen Vorgänge bei der DCI sind nicht einfach zu verstehen und auch noch nicht in allen Einzelheiten geklärt. Prinzipiell muss man unterscheiden in welchen Organen es zur Blasenbildung gekommen ist. Außerdem führen Bläschen, die in Gefäßen entstanden oder eingewandert sind, abweichend vom Ort ihres Entstehens zur Gewebssch ädigung , eigentlich im Sinne einer sogenannten Embolie.

Je nach betroffenem Organsystem und je nach Schweregrad der Erkrankung sind auch die Symptome der Deko-Erkrankung verschieden. Zu den häufigsten gehören neben unspezifischen Zeichen wie starker Müdigkeit vor allem Hautjucken, Gelenk-schmerzen, Schwindel, Gehörstörungen, sowie im schweren Fall Luftnot und Brustschmerzen, Nervenausfälle und letztlich Bewußt-losigkeit. Klassischerweise treten die Beschwerden innerhalb weniger Stunden (und nie sofort) nach dem Auftauchen auf. Die eigentliche Problematik liegt aber darin, dass sie sich auch nicht selten erst nach l ängerer Latenzzeit zeigen.

Die optimale Therapie der Deko-Erkrankung besteht aus der HBO, der hyperbaren Oxygenierung (Sauerstofftherapie) sowie über-brückend bis dahin in der Gabe von 100%-tigem, Sauerstoff unter Normaldruck und zusätzlichen Massnahmen wie Flachlagerung und Flüssigkeitssubstitution. Umstritten ist die Gabe von Acetylsalicyl-säure(ASS) und/oder Cortison. Insbesonders bei rechtzeitiger und adäquater Sauerstoffgabe besteht insgesamt eine gute Prognose der Deko - Erkrankung.

Barotrauma

Ein Barotrauma ist - vereinfacht dargestellt - nichts anderes als eine Schädigung des menschlichen Körpers durch eine Druck-differenz. Speziell beim Tauchen kann ein Barotrauma in luftge-füllten Hohlräumen entstehen, wenn die Verbindung nach aussen unterbrochen ist. Ein Druckausgleich ist dann nicht mehr möglich. Da gehorchen dann all diese Luftansammlungen im Körper dem Gesetz von Boyle-Mariott, d.h. ihr Volumen verändert sich proportional zum Druck. Da sich beim Tauchen der Umgebungs-druck bei 1 bar Umgebungsluftdruck um 1 bar je 10m Wassertiefe erhöht nimmt der Druck nahe der Wasseroberfläche relativ am stärksten zu. Dementsprechend ist das Risiko eines Barotraumas zwischen 10 und 0 m Tauchtiefe auch am größten.

Das Barotrauma des Mittelohres ist wohl die bekannteste Komplikation. Beim Abtauchen steigt der Umgebungsdruck mit der Folge, daß damit die Ohrtube zugedrückt wird. Hierdurch ergibt sich ein abgeschlossener, luftgefüllter Hohlraum so daß beim weiteren Abtauchen das elastische Trommelfell durch den relativen Unter-druck im Mittelohr nach innen gebogen wird. Man bemerkt dieses als "Druck auf dem Ohr". Bei fortgesetztem Abtauchen und steigendem Wasserdruck wird das Trommelfell immer weiter gebogen,was starke Schmerzen hervorruft, evtl. kommt es zur Schleimhautschwellung im Mittelohr, bis schließlich das Trommelfell "platzt". In dem Augenblick strömt Wasser ins Mittelohr und reizt die Bogengänge (Gleichgewichtsorgan), so daß akuter Schwindel und Hörstörung die Folge ist. Der Schmerz läßt dann plötzlich nach. Weiterhin kann das ins Mittelohr eingedrungene Meer- bzw. Seewasser schlimme Mittelohrentzündungen auslösen. Um dieses Barotrauma zu vermeiden, muß regelmäßig beim Abtauchen aktiv ein Druckausgleich durchgeführt werden.

Barotrauma der Nebenhöhlen:

Anfällig für ein Barotrauma sind in erster Linie die großen Stirn- und Kieferhöhlen. Diese stehen über einen kleinen, kurzen Verbin-dungsgang mit dem Nasen-Rachenraum in Verbindung. Wie auch im Mittelohr sind die Nasennebenhöhlen mit Schleimhaut ausgekleidet, die nicht nur Sekret bilden, sondern auch anschwellen kann (Schnupfen). Die Belüftung der Höhlen ist zwar einfacher, als beim Mittelohr, da der Gang etwas weiter ist, jedoch lässt sich der Druckausgleich nicht willentlich beeinflussen und somit auch nicht vorher testen.

Bei einer erkältungs- oder allergiebedingten Zuschwellung der Verbindungswege ist der Druckausgleich nicht mehr gewährleistet. In der Abtauchphase kommt es dann zu einem zunehmenden Unterdruck der durch massive Schleimhautschwellung sowie Sekretion von Blut und Gewebsflüssigkeit ausgeglichen wird.
Dies führt zu stechenden Schmerzen in der Stirn- oder Jochbeingegend, die häufig so stark sind, daß der Tauchgang beendet wird. Beim Auftauchen entleert sich dann die Höhle und die Schmerzen lassen nach. Seltener ist ein Barotrauma beim Auftauchen, wenn z.B. durch einen Polypen der Höhlenausgang verlegt wird und sich ein Überdruck aufbaut.

Demzufolge verbietet sich das Tauchen bei einer Erkältung, chronischer Nasennebenhöhlenentzündung (Sinusitis) oder Polypen.

Im Vergleich zum Barotrauma des Mittelohres ist eine druckbe-dingte Schädigung des Innenohres nach Kaid Darwiche sehr selten, jedoch sind die Konsequenzen hier um so gravierender. Ursache des Innenohr-Barotraumas ist in jedem Fall eine inadäquate Durchführung des Druckausgleiches. Wenn der Taucher den Druckausgleich im Mittelohr beim Abtauchen zu spät durchführt oder auf Grund einer Erkrankung nicht durchführen kann entsteht wie beschrieben ein Unterdruck im Mittelohr. Wird jetzt der Druckausgleich gewaltsam mittels eines Vasalva-Manövers durchgeführt, wird das Mittelohrknöchelchen "Steigbügel" sowie das ovale Fenster in die mit Flüssigkeit gefüllte Hörschnecke gedrückt. Die dadurch entstehende Druckwelle pflanzt sich durch die Schnecke fort und bei Erreichen des runden Fensters wird dieses in die Paukenhöhle gedrückt und kann zerreissen. Die dann auf-tretenden Symptome sind Schwindel, H örminderung, Ohrgeräusche und Übelkeit.

Von den Beschwerden her lässt sich das Innenohr-Barotrauma nicht von einer Dekompressionserkrankung des Innenohres unter-scheiden. Dies ist nur möglich durch eine exakte Schilderung des Unfallherganges und Bestimmung des Zeitpunktes der ersten Symptome - in der Kompressions- oder Dekompressionsphase. Der Unterschied ist jedoch wichtig auf Grund der differenten Therapie. Die Dekokrankheit wird in der Druckkammer gut behandelt, wohingegen das Innenohrbarotrauma in sofortige HNO-ärztliche Behandlung gehört und in der Regel mit lebenslänglicher Tauchuntauglichkeit einhergeht.

Schwindel beim Tauchen ist eine häufige Erscheinung und nach van Laak haben 22% aller Taucher schon einmal Schwindel unter Wasser verspürt. Ursache ist allerdings häufig eine Temperatur-differenz in beiden Gehörgängen mit Reizung des Gleichgewichts-organs oder eine Druckdifferenz in den Paukenhöhlen beim Auftauchen durch seitendifferente Tubenöffnung. Dieser Schwindel ist rasch rückläufig und muß nicht weiter behandelt werden.
Eine weitere Form des Barotrauma ist früher bei unwissenden Tauchern durch eigenes Verschulden aufgetreten: Das Barotrauma im Außenohr. Bei fahrlässiger Benutzung von Ohrenstöpseln kommt es beim Abtauchen zu einem Unterdruck zwischen Stöpsel und Trommelfell, wodurch dieses nach außen gebogen und evtl. zerreissen kann. Deswegen verbietet es sich beim Tauchen Ohrenstöpsel zu benutzen. Auch auf enganliegende Neopren-kopfhauben ist zu achten.

Der Lungenüberdruckunfall

wird beim Gerätetauchen immer dann auftreten, wenn beim Auftauchen nicht adäquat ausgeatmet wird. Bekanntlich dehnt sich die Luft bei abnehmender Wassertiefe (=Druck) aus. Bei zu schnellem Auftauchen und insbesonders dann, wenn aufgrund einer damit verbundenen Panikreaktion keine Abatmung erfolgt kann es zu einer Überdehnung und einem Defekt im Sinne eines Einreissens des Lungengewebes kommen. Damit ist es nun der in der Lunge befindlichen Luft möglich in die Umgebung auszutreten. Je nachdem wo sich dieser Defekt befindet tritt die Luft ins Gefäßsystem (Gas-Embolie), ins Mediastinum (Mediastinalemphysem) oder die Haut (Hautemphysem) über. Auch Asthmapatienten können im Anfall die Luft nicht abatmen. Zusätzlich kommt in diesem Fall erschwerend hinzu, dass durch den Kältereiz des Wassers die Bronchien enggestellt werden. Deshalb stellt diese Erkrankung, sofern sie nicht wirklich gut eingestellt ist, einen Grund für ein zumindest bedingtes Tauchverbot dar.

Neben diesen nur beispielhaft angeführten Komplikationen gibt es natürlich zusätzlich eine ganze Reihe von Erkrankungen, die eine Gefährdung des Tauchers darstellen können. Da der Mensch für ein Leben unter Wasser nicht konstruiert ist können nur eine gewissen-hafte medizinische Abklärung, optimales Equipment, eine gute Ausbildung und verantwortungsvolles Tauchen zu unbeschwerter Urlaubsfreude unter Wasser beitragen. Genauso, wie jeder Taucher selbstverständlich auf eine adäquate Ausrüstung achten wird sollte er sich gut überlegen, ob er seine vorgeschriebene Tauchärztliche Untersuchung durch einen Hotelarzt vor Ort im Schnellverfahren oder einen ausgebildeten Taucherarzt in Verbindung mit einer gründlichen Bestandsaufnahme der körperlichen Leistungsfähigkeit und eingehender Beratung durchführen lässt.

Tassilo Trubrig, Taucherarzt






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